Pflegegrad 4


Definition

Pflegegrad 4 bedeutet eine „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Sie erhalten Pflegegrad 4 wenn in Ihrem Pflegegutachten 70 bis unter 90 Punkte für die Einschränkung Ihrer Selbständigkeit festgestellt werden. Mit dem Pflegegrad können Sie Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen. 

Die Pflegebegutachtung beurteilt das Maß der Selbstständigkeit einer Person. Früher spielte der Aufwand für die Pflege eine entscheidende Rolle, seit 2017 nicht mehr. Das Gutachten ist die wichtigste Grundlage für die Entscheidung der Pflegekasse über einen Pflegegrad. 


Voraussetzungen 

Um einen höheren Pflegegrad zu erhalten, müssen Sie zuerst einen Antrag auf Höherstufung bei Ihrer Pflegeversicherung stellen. Diese beauftragt dann einen Experten, bei Ihnen eine Pflegebegutachtung nach dem „Neuen Begutachtungsassessment“ (NBA) durchzuführen. 

Im Pflegegutachten werden bis zu 100 Punkte für die Beeinträchtigung der Selbständigkeit vergeben. Die Gesamtpunktzahl setzt sich aus sechs individuell gewichteten Themenfelder zusammen. Dabei gibt es Ausnahmen in der Kinderpflege und bei einer besonderen Bedarfskonstellation. 


Leistungen 

Menschen mit Pflegegrad 4 brauchen täglich mehrmals intensive Unterstützung, oft sogar fast durchgehende Betreuung. Dafür stehen Ihnen alle Pflegeleistungen zur Verfügung. Manche Leistungen allerdings noch nicht in voller Höhe, die erst mit Pflegegrad 5 erreicht wäre. 

Im Vergleich zu Pflegegrad 2 oder 3 haben Sie jetzt höhere Ansprüche beim Pflegegeld, den Pflegesachleistungen, der Tages- und Nachtpflege sowie bei den Leistungen für die stationäre Pflege, also das Pflegeheim. Die anderen Leistungen bleiben unverändert.


Überblick zu den Pflegeleistungen bei Pflegegrad 4


Pflegeleistung
| Anspruch mit Pflegegrad 4
Pflegegeld                                                                             765 Euro monatlich
Pflegesachleistungen                                                        1.778 Euro monatlich
Verhinderungspflege                                                          1.612 Euro jährlich
Kurzzeitpflege                                                                     1.774 Euro jährlich
Entlastungsbetrag                                                                 125 Euro monatlich
Tages- oder Nachtpflege                                                  1.612 Euro monatlich
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch                                      bis zu 40 Euro monatlich
Technische Pflegehilfsmittel                                            Ja
Hausnotruf                                                                          bis zu 25,50 Euro monatlich
Wohnraumanpassung                                                       bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme
Pflegeberatung und Beratungseinsatz                          Ja
Pflegekurse für Angehörige                                            Ja
Pflegeunterstützungsgeld                                               Ja
Wohngruppenzuschuss                                                   214 Euro monatlich
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA)                              bis zu 50 Euro monatlich
Vollstationäre Pflege im Heim                                         1.775 Euro monatlich 


Pflegegeld 

Wenn Sie die Pflege zuhause selbst organisieren, können Sie dafür Pflegegeld beanspruchen. Mit Pflegegrad 4 sind das 765 Euro pro Monat, die Ihnen zur freien Verfügung stehen. Wenn Sie Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen, verringert das anteilig Ihren Anspruch auf Pflegegeld.

Kostennachweise sind dafür nicht nötig. Aber Sie müssen mit Pflegegrad 4 einmal vierteljährlich an einem Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 teilnehmen. In den kostenlosen Beratungsterminen können Sie individuelle Fragen zur Pflege, zum Pflegerecht und zu Pflegeleistungen stellen.



Pflegesachleistungen 

Über die Pflegesachleistungen können Sie die häusliche Pflege durch professionelle Pflegekräfte ergänzen, also meistens einen ambulanten Pflegedienst. Wenn Sie möchten, kann der Pflegedienst die entstandenen Kosten direkt mit Ihrer Pflegeversicherung abrechnen.

Mit Pflegegrad 4 stehen Ihnen dafür 1.778 Euro pro Monat zur Verfügung. Wenn Sie Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen, verringert das anteilig Ihren Anspruch auf Pflegegeld.


 

Pflegegeld + Sachleistungen = Kombinationsleistung

Mit der Kombinationsleistung erhalten Sie anteilig Pflegegeld und Pflegesachleistungen. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Sie mit der ambulanten Pflege nicht den Gesamtbetrag für Sachleistungen ausschöpfen.


Verhinderungspflege

Auch Pflegende haben mal Termine, sind krank oder fahren in den Urlaub. In solchen Fällen können Sie über die Verhinderungspflege eine stundenweise oder tageweise Vertretung finanzieren. Das geht für insgesamt bis zu 42 Tage oder 6 Wochen pro Kalenderjahr.

Insgesamt stehen dafür 1.612 Euro im Jahr zur Verfügung. Damit können Sie Privatpersonen Aufwandsentschädigungen zukommen lassen oder einen ambulanten Pflegedienst als Vertretung bezahlen. Ungenutztes Budget der Kurzzeitpflege können Sie teilweise für Verhinderungspflege nutzen.



Kurzzeitpflege 

Die Kurzzeitpflege bietet eine Lösung, wenn Sie zwar zuhause gepflegt werden, aber vorübergehend eine stationäre Versorgung benötigen – beispielsweise wenn die Pflegeperson verhindert ist und niemand die Ersatzpflege zuhause übernehmen kann.

Das Budget für Kurzzeitpflege beläuft sich auf 1.774 Euro pro Jahr und ist auf höchstens 56 Tage oder acht Wochen pro Kalenderjahr begrenzt. Nicht vollständig genutzte Mittel können Sie teilweise auch für die Verhinderungspflege verwenden.



Tagespflege & Nachtpflege 

Teilstationäre Pflege kann eine gute Ergänzung zur häuslichen Pflege sein. Besser bekannt ist sie als Tagespflege oder Nachtpflege. Die Pflege erfolgt dabei tagsüber oder nachts in einer pflegerischen Einrichtung. Diese Mischform der Pflege gilt insgesamt weiterhin als häusliche Pflege.

Bei Pflegegrad 4 können Sie für die teilstationäre Pflege bis zu 1.612 Euro monatlich nutzen. Dieser Betrag reicht bereits für regelmäßig mehrere Tage pro Woche. Das ist aber im Einzelfall abhängig von den Kosten der Einrichtung.



Entlastungsbetrag 

Der Entlastungsbetrag von 125 Euro pro Monat soll zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen ermöglichen. Damit sollen Pflegende entlastet und die Selbständigkeit im Alltag der pflegebedürftigen Person erhalten und gefördert werden.

Mit Pflegegrad 4 sollten Sie den Entlastungsbetrag bereits kennen und hoffentlich auch nutzen. Ist das nicht der Fall, können Sie den Entlastungsbetrag auch rückwirkend in Anspruch nehmen.

Nutzen Sie den Entlastungsbetrag mit Pflegegrad 4 für:

  • Tagespflege oder Nachtpflege
  • Ambulante Pflege und Betreuung (eingeschränkt)
  • Kurzzeitpflege
  • Angebote zur Unterstützung im Alltag (nach Landesrecht)



Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel  

Hilfsmittel werden von der Krankenkasse finanziert und sind deshalb unabhängig von einem Pflegegrad. Anders die Pflegehilfsmittel: Diese setzen einen Pflegegrad voraus. Welchen Sie haben, ist jedoch egal. Denn über einen Anspruch wird individuell nach Bedarf in Ihrer Situation entschieden.

Zu den Pflegehilfsmitteln gehören:

  • Technische Pflegehilfsmittel: Pflegebett, Pflegerollstuhl, Waschwagen und mehr
  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe und mehr



Stationäre Pflege 

Die häusliche Pflege mit Pflegegrad 4 ist trotz aller Mühen nicht in jedem Fall möglich, denn sie erfordert viel Zeit und es muss mindestens eine Pflegeperson geben, die selbst in guter Verfassung ist. Ein Umzug ins Pflegeheim ist oft unausweichlich.

Die Pflegeversicherung stellt bei Pflegegrad 4 für die stationäre Pflege 1.775 Euro pro Monat bereit. Darüber hinaus müssen Sie jedoch mit erheblichen weiteren Kosten rechnen, die Sie selbst bezahlen müssen. Der Eigenanteil ist dabei unabhängig vom Pflegegrad (einrichtungseinheitlicher Eigenanteil).

Zu Ihrem Eigenanteil bezahlt die Pflegeversicherung noch einen prozentualen Zuschuss. Dieser steigt an, je länger Sie bereits in stationärer Pflege leben. Mehr dazu im Ratgeber Kosten für ein Pflegeheim.



Weitere Leistungen 

Jede Pflege sollte so einzigartig sein, wie die pflegebedürftige Person selbst. Dafür müssen natürlich die Pflegeleistungen individuell auf die Situation abgestimmt werden. Dabei helfen Ihnen die bereits genannten und einige weitere Pflegeleistungen.

Weitere Pflegeleistungen bei Pflegegrad 4:

  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Barrierearmes Wohnen ist eine Grundvoraussetzung für die Pflege. Wenn Sie dafür zum Beispiel Ihr Bad umbauen oder einen Treppenlift einbauen lassen müssen, können Sie von der Pflegeversicherung bis zu 4.000 Euro Zuschuss erhalten.
  • Pflegeberatung: Bei Pflegegrad 4 haben Sie die Möglichkeit zu einer kostenlose Pflegeberatung nach Paragraf 7a. Die Beratung hilft Ihnen, Ihre persönliche Pflegesituation zu organisieren und erläutert Ihnen Entlastungs- und Hilfsangebote.
  • Pflegekurse für Pflegende: Praktisches Pflegewissen vom Ankleiden über den Transfer bis zur Körperpflege erlernen Sie in Pflegekursen. Die Teilnahme ist kostenlos für alle Interessierten und Pflegenden.
  • Pflegeunterstützungsgeld: Das Pflegeunterstützungsgeld übernimmt in akuten Pflegenotfällen die Fortzahlung von Lohn oder Gehalt der Pflegenden. So soll verhindert werden, dass diese in finanzielle Schwierigkeiten geraten, weil Sie sich um andere kümmern.
  • Wohngruppenzuschuss: Die Pflegeversicherung unterstützt Personen, die in Wohngruppen leben, mit einem Zuschlag von 214 Euro pro Monat. Dieser Zuschlag bleibt konstant bei 214 Euro monatlich, egal welchen Pflegegrad Sie haben.
  • Digitale Pflegeanwendungen (DiPA): Digitale Services für Pflegebedürftige und Pflegende können als „Digitale Pflegeanwendungen“ oder „DiPA“ anerkannt werden. Die Pflegeversicherung stellt für die Nutzung von DiPA 50 Euro pro Monat bereit.



Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende

Die Pflegeversicherung kann unter bestimmten Bedingungen Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende übernehmen. Die Voraussetzungen für Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung variieren. Weitere Infos finden Sie im Ratgeber für pflegende Angehörige.

Die Pflegeversicherung kann unter bestimmten Bedingungen Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende übernehmen. Die Voraussetzungen für Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung variieren. Weitere Infos finden Sie im Ratgeber für pflegende Angehörige.

 

Pflegende Angehörige und praktisches Pflegewissen

Wenn Sie plötzlich vor der Herausforderung stehen, Pflege in der Familie zu organisieren, gibt es viele wichtige Aspekte zu berücksichtigen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Pflege eines Angehörigen erfolgreich mit Beruf und Familie vereinbaren können. Darüber hinaus erfahren Sie, welche Pflegeaufgaben Sie selbst übernehmen können und wo Sie das notwendige praktische Pflegewissen erwerben können. pflege.de bietet Ihnen als pflegender Angehöriger umfassende Informationen und Unterstützung – von der Auseinandersetzung mit den eigenen Ansprüchen als Pflegender bis hin zu den verschiedenen Entlastungsangeboten, die Ihnen zur Verfügung stehen. 
 

Wenn Angehörige pflegen

Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine chronische Erkrankung wie Demenz – und plötzlich ändert sich vieles. Ihr Angehöriger kann seinen Alltag nicht mehr alleine bewältigen und braucht Ihre Hilfe.

Einen Angehörigen zu pflegen ist sicherlich etwas Neues für Sie – und oft auch sehr anstrengend. Schließlich gibt es viele Aspekte zu bedenken und beachten. Darüber hinaus brauchen Sie neben der Pflege auch noch Zeit für sich, Sie möchten Ihre Freunde nicht vernachlässigen und Ihrem Leben gerecht werden.

pflege.de begleitet Sie Schritt für Schritt durch den Prozess der Pflege eines Angehörigen, informiert Sie über Ihre Rechte und hilft Ihnen, den Anforderungen gerecht zu werden.