Pflegegrad 1
Definition
Pflegegrad 1 bedeutet eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Sie erhalten Pflegegrad 1, wenn in Ihrem Pflegegutachten 12,5 bis unter 27 Punkte für die Einschränkung Ihrer Selbständigkeit festgestellt werden. Mit dem Pflegegrad können Sie Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen.
Bei der Pflegebegutachtung geht es um das Ausmaß der Selbständigkeit. Der notwendige Pflegeaufwand war früher einmal relevant, ist aber heute nicht mehr entscheidend. Das Gutachten ist in der Regel ausschlaggebend für die Entscheidung der Pflegekasse über einen bestimmten Pflegegrad.
Voraussetzungen
Um einen Pflegegrad zu bekommen, stellen Sie einen Antrag auf Pflegegrad bei Ihrer Pflegeversicherung. Daraufhin erstellt ein Experte ein Pflegegutachten nach dem „Neuen Begutachtungsassessment (NBA)“.
Bei der Pflegebegutachtung werden bis zu 100 Punkte für eingeschränkte Selbständigkeit vergeben. Die Gesamtpunktzahl setzt sich aus sechs unterschiedlich gewichteten Themenfeldern zusammen. Ausnahmen gelten bei der Kinderpflege sowie bei einer besonderen Bedarfskonstellation.
Leistungen
Personen mit Pflegegrad 1 sind noch weitgehend selbstständig. Sie können sich in der Regel noch recht gut selbst versorgen und ihren Alltag in einigen Bereichen ganz ohne fremde Hilfe bewältigen. Deshalb sind die Leistungen bei Pflegegrad 1 insgesamt sehr eingeschränkt.
Bei manchen Leistungen spielt es jedoch keine Rolle, ob Sie Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 5 haben: Die Ansprüche sind grundsätzlich gleich. Das betrifft zum Beispiel den Entlastungsbetrag, die Pflegehilfsmittel und den Zuschuss zur Wohnraumanpassung.
Überblick zu den Pflegeleistungen
Pflegeleistung | Anspruch mit Pflegegrad 1
Pflegegeld kein Anspruch
Pflegesachleistungen kein Anspruch
Verhinderungspflege kein Anspruch
Kurzzeitpflege kein Anspruch
Entlastungsbetrag 125 Euro monatlich
Tages- oder Nachtpflege kein Anspruch
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch bis zu 40 Euro monatlich
Technische Pflegehilfsmittel Ja
Hausnotruf bis zu 25,50 Euro monatlich
Wohnraumanpassung bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme
Pflegeberatung und Beratungseinsatz Ja
Pflegekurse für Angehörige Ja
Pflegeunterstützungsgeld Ja
Wohngruppenzuschuss 214 Euro monatlich
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) bis zu 50 Euro monatlich
Vollstationäre Pflege im Heim 125 Euro monatlich
Pflegegeld und Pflegesachleistungen
Menschen mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Pflegegeld bei der Pflege durch Angehörige oder auf Pflegesachleistungen bei der Versorgung durch einen professionellen ambulanten Pflegedienst. Der Anspruch besteht erst ab Pflegegrad 2.
Entlastungsbetrag
Pflegeversicherte mit anerkanntem Pflegegrad 1 haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro. Der Entlastungsbetrag kann für Leistungen eingesetzt werden, die Pflegende entlasten oder die Selbständigkeit von Pflegebedürftigen erhalten und fördern.
Nutzen Sie den Entlastungsbetrag mit Pflegegrad 1 für:
• Tages- oder Nachtpflege
• Ambulante Pflege und Betreuung
• Kurzzeitpflege
• Angebote zur Unterstützung im Alltag nach Landesrecht
Haushaltshilfe
Viele Menschen mit Pflegegrad 1 brauchen vor allem etwas Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben im Haushalt. Eine Haushaltshilfe ist dann oft eine bessere Lösung als eine Pflegekraft. Finanzieren können Sie eine Haushaltshilfe bei Pflegegrad 1 in der Regel mit dem Entlastungsbetrag.
Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege
Mit Pflegegrad 1 haben Sie keinen Anspruch auf Verhinderungspflege zur Finanzierung einer Vertretung der Pflegeperson bei Krankheit, Urlaub oder wichtigen Terminen.
Auch ein Anspruch auf Kurzzeitpflege für eine vorübergehend stationäre Pflege besteht nicht. Beide Leistungen können Sie erst ab Pflegegrad 2 beanspruchen.
Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
Anspruch auf Hilfsmittel besteht für alle Personen mit einer Krankenversicherung. Hilfsmittel sind insofern nicht vom Pflegegrad abhängig, sondern erfordern in erster Linie ein Rezept von einem Arzt.
Anders ist das bei Pflegehilfsmittel: Hier wird ein Pflegegrad vorausgesetzt. Ob das Pflegegrad 1 oder 5 ist, spielt keine Rolle.
Zu den Pflegehilfsmitteln gehören:
- Technische Pflegehilfsmittel: Pflegebett, Pflegerollstuhl, Waschwagen und mehr
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe und mehr
Hausnotruf
Ein Hausnotruf gehört zu den technischen Pflegehilfsmitteln. Aber, anders als bei vielen anderen Pflegehilfsmitteln, ist hier der Zuschuss auf einen Fixbetrag festgelegt und an einheitliche Bedingungen geknüpft.
Wenn Sie alleine wohnen, einen Pflegegrad haben und in einem Notfall vermutlich nicht per Telefon Hilfe rufen können, haben Sie wahrscheinlich Anspruch auf einen Zuschuss zu einem anerkannten Notrufsystem in Höhe von bis zu 25,50 Euro monatlich.
Zuschuss für Wohnraumanpassung
Wenn bestimmte Bewegungen immer schwerer oder gar unmöglich werden, dann werden harmlose Dinge plötzlich zu Hindernissen. Treppen, rutschige Wannen oder Toiletten ohne Haltegriffe werden zunehmend zu einer Gefahr für Sicherheit und Selbständigkeit.
Zur Überwindung von Treppen hilft klassischerweise ein Treppenlift. Eine zweite große Gefahrenquelle ist oft das Bad. Hier lässt sich auf ganz unterschiedliche Arten ein Badumbau vollziehen: Mal mit größeren Umbauten, mal mit kleineren Verbesserungen.
In beiden Fällen fördert die Pflegeversicherung solche wohnraumfeldverbessernde Maßnahmen mit bis zu 4.000 Euro pro Umbau-Projekt. Das bedeutet, dass Sie für unterschiedliche Maßnahmen jeweils die volle Fördersumme erhalten können. Das sollten Sie jedoch immer vorab klären.
Stationäre Pflege
Mit Pflegegrad 1 haben Sie keinen Anspruch auf stationäre Pflege. Bei diesem Pflegegrad ist ein Umzug ins Pflegeheim in der Regel auch gar nicht notwendig. Entscheiden Sie sich trotzdem dafür, können Sie dafür lediglich 125 Euro monatlich von der Pflegekasse erhalten. Den Rest zahlen Sie selbst.
Weitere Leistungen
Jede Pflegesituation ist anders – deshalb sollte auch die Pflege und Betreuung individuell auf den Einzelnen zugeschnitten sein. Um das zu ermöglichen, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Pflegeleistungen, die unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung stehen.
Weitere Pflegeleistungen bei Pflegegrad 1:
- Tagespflege & Nachtpflege: Bei der sogenannten teilstationären Pflege verbringt die pflegebedürftige Person nur den Tag oder die Nacht in der Einrichtung und wird ansonsten zuhause versorgt. Mit Pflegegrad 1 besteht leider kein Anspruch auf diese Leistungen.
- Pflegeberatung und Beratungseinsatz: Mit Pflegegrad 1 erhalten Sie auf Wunsch eine kostenlose Pflegeberatung (7a) sowie bei Bedarf auch bis zu einmal jährlich einen Beratungseinsatz (37.3).
- Pflegekurse für Angehörige: Praktische Pflege lernen vom Ankleiden über den Transfer bis hin zur Körperpflege – darum geht es in den Pflegekursen für Angehörige. Teilnehmen dürfen daran alle, die gerne pflegen wollen oder sich dafür interessieren. Und zwar kostenfrei.
- Pflegeunterstützungsgeld: Auch das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Leistung für Pflegende. Es übernimmt in akuten Pflege-Notfällen die Fortzahlung von Lohn oder Gehalt, damit Sie nicht in finanzielle Schieflage geraten, weil Sie für andere da sind.
- Wohngruppenzuschuss: Mit einem Zuschlag von 214 Euro pro Monat möchte die Pflegeversicherung Menschen fördern, die in Wohngruppen leben. Der Zuschlag liegt immer bei 214 Euro pro Monat, unabhängig davon, ob Sie Pflegegrad 1 oder 5 haben.
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA): Als DiPA werden digitale Services zugelassen werden, die Pflegebedürftige und Pflegende in ihrer Situation unterstützen. Bis zu 50 Euro monatlich stellt die Pflegeversicherung bereit.
Unzufrieden? Widerspruch
Falls Sie vor kurzem Pflegegrad 1 erhalten haben und jetzt feststellen, dass die verfügbaren Leistungen Ihrer Situation absolut nicht gerecht werden, sollten Sie einen Pflegegrad-Widerspruch einlegen. Wenn es Hinweise auf eine entscheidende Fehleinschätzung gibt, wird das Gutachten wiederholt.